Herr DI Weinelt, würden Sie sich ein TU-Studium nochmal „antun“? Dieses Studium würde ich sofort wieder machen. Mit mehr Augenmerk auf Betriebswirtschaft, das gab es damals noch nicht. Ich komme aus ganz einfachen Verhältnissen aus Nieder- österreich. Es ist mir bis heute ein Rätsel, wie meine Eltern mei- nem Bruder und mir eine ordentliche Ausbildung finanzieren konnten. Als ich 15 war, hat mir mein Vater einen Ferienjob am Bau besorgt. Ich hatte keine hochtrabenden Berufswünsche, aber nach diesem Sommer war mir klar: Ich will in Wien an der TU Wien studieren. Womit haben Sie Ihr erstes Geld verdient? Am damaligen Institut für Schaltgeräte war ich Werksassistent mit Forschungstätigkeit und Laborbetreuung. Das ließ sich gut mit meinem Studium vereinbaren. Auch als Briefträger habe ich zeitweise gearbeitet. Am meisten für meinen Job gelernt habe ich als Organisator von Studentenfesten und Konzerten im Studentenheim. Der Ostbahn-Kurti hatte übrigens seine ersten Auftritte bei uns … Erzählen Sie von Ihren Anfängen … Ein Projekt, auf das ich besonders stolz bin, war der Aufbau des ersten Windparks im Burgenland. Manche meinten, das sei unmöglich, das ginge nicht. Ich meine: Geht nicht, gibt’s nicht. Es gab sogar interne Wetten. Das hat mich angespornt. Es ging vor allem um Überzeugungsarbeit bei den Weinbauern – immerhin wollten wir mitten in den Weingärten 50 Meter hohe Windräder aufstellen, das gab es damals noch nicht. Heute ist das gang und gäbe und wird als Notwendigkeit gesehen für eine klimaneutrale Zukunft – was es auch ist. Warum arbeiten Sie als stellvertretender Generaldirektor der Wiener Stadtwerke? Weil es Spaß macht! Wir arbeiten an der Stadt der Zukunft – seien es die Öffis oder die Versorgung der Stadt mit Energie in jedweder Form. Wir haben die Nase vorn, wenn es um zukunfts- weisende Innovationen geht – wie beispielsweise Wasserstoff. Neben Innovation ist Sicherheit ein großes Thema. In der Krise haben die Menschen gemerkt, dass sie sich auf uns verlassen können, und das kommt gut an – Sicher ist das neue Sexy. „Wir halten Wien am Laufen“ ist nicht umsonst unser Motto. Gerade die Lockdown-Phase hat wieder bewusst gemacht, wie wichtig die Basisversorgung ist und dass man vorausdenken muss. Wie haben Sie den Lockdown erlebt? Die Wiener Stadtwerke mit all ihren Betrieben haben eine große Verantwortung, und so haben wir eine besondere Vor- sichtsmaßnahme getroffen: 53 Mitarbeiter von Wien Energie wurden in kürzester Zeit völlig abgeschottet in Isolierstationen unserer Kraftwerke untergebracht, wo sie die Stromversorgung für die Stadt für alle Fälle ge sichert haben. Besonders stolz bin ich darauf, dass sich diese Mitarbeiter freiwillig gemeldet haben. Heute muss ich schmunzeln, wenn ich an den Moment an der Kasse des Möbelhauses denke: „53 Betten, bitte!“ Aber es ist alles gut gegangen und die Versorgung der Stadt war zu jedem Zeitpunkt sichergestellt. Ein weiteres vermeintliches „Geht-nicht“-Projekt war das Was- serkraftwerk Nußdorf am Donaukanal. Die Herausforderung lag im denkmalgeschützten Otto-Wagner-Bau. Heute befindet sich unter den Bronze-Löwen nicht nur eine Wehranlage, sondern auch ein modernes Wasserkraftwerk, das Wien mit Energie aus Wasserkraft versorgt. Welche Werte sind im Beruf wichtig? Man muss die Dinge klar aussprechen – allerdings mit Bedacht. Ich halte nichts von unüberlegter Kommunikation nach außen, vor allem nicht, wenn damit Welt untergangsstimmung verbrei- tet wird. Ich bin überzeugt, dass man Mitarbeiter*innen auf sehr weite „Reisen“ mitnehmen kann, solange gegenseitiges Vertrauen da ist. Gemeinsam mit 400 Führungskräften haben wir uns auf unsere Leitprinzipien Mut, Vertrauen und Konse- quenz geeinigt. Auch eine gelingende Fehlerkultur ist wesent- lich. Als Führungskraft musst du hinter deinen Leuten stehen. Fehler können nicht vermieden werden, aber den Umgang damit kann man lernen und wichtige Schlüsse daraus ziehen. Fehler gehören zum Besserwerden dazu. Welche Skills sind für eine Karriere nötig? In meiner Verantwortung liegt auch der Personalbereich, und so habe ich schon viele Menschen kommen und gehen gese- hen, Menschen mit Harvard- oder MIT-Abschluss, fünfsprachig und top ausgebildet. Aber oft fehlen die zwischenmensch- lichen Skills. Aus dem Mund eines Technikers klingt das unge- wöhnlich, aber ich finde das enorm wichtig. Arbeiten bei den Wiener Stadtwerken – für viele klingt das etwas „altbacken“. (*lacht*) Die Bandbreite an Jobmöglichkeiten bei uns ist unglaublich vielfältig. Die „Upstream Mobility“ ist zum Beispiel unser Start-up im Konzern, das verschiedene Mobilitätsange- bote sinnvoll verknüpft und via App zugänglich macht. Wir arbeiten in Branchen, die maßgeblich die Zukunft unserer Stadt und unseres Zusammenlebens mitbestimmen. Wir haben viel- leicht keine perfekte Image-Fassade, dafür aber innere Werte. Ein gutes Beispiel ist der Gender Pay Gap: Bei den Wiener Stadt- werken gibt es keinen Unterschied in der Bezahlung. Darauf lege ich größten Wert, das kontrolliere ich auch. i e g e z n A e h c i l t l e g t n E 7