kunftsaussichten von Medizintechnikexpert*innen aus. Hier erschließt sich ein ganz neuer Sektor, der auch einige spannen- de Technik-Jobs schaffen wird. Ein Buzzword aus der Industrie ist „Predictive Maintenance“, also Präventivvorsorge: Darunter fallen in der Medizin etwa der jährliche Gang zum*zur Gynäkologen*in oder zur Prosta- tauntersuchung beziehungsweise die Darmspiegelung ab 50. Aktuell werden Arztbesuche und Gesundenuntersuchungen in regelmäßigen Abständen beziehungsweise altersabhängig durchgeführt. Wann die Termine anstehen, bestimmt aktuell noch meistens der Arzt/die Ärztin, basierend auf statistischen Daten. Termine werden von den Patient*innen sozusagen auf „Verdacht“ vereinbart. In Zukunft könnte dies basierend auf gemessenen Parametern des*der entsprechenden Patient*in geschehen, und der Arzt/die Ärztin kontaktiert den*die Pati- ent*in im „Bedarfsfall“ und bittet um Terminvereinbarung oder schlägt gleich Termine vor. Damit tun sich praktische Möglich- Ein konkretes Beispiel wäre die Verknüpfung mit der REHA.Patient-App, ein bereits bestehendes Pro- dukt aus der Rehabilitations-Software-Suite (REHA. Complete) von T-Systems, das von Wearables sehr profitieren könnte. Die App unterstützt rehabilitie- rende Patient*innen bei den bürokratischen und organisatorischen Schritten, die neben der Gene- sung sehr belastend sein können. Bereits von zu Hause aus können Dokumente an das zuständige Rehazentrum geschickt und der gesamte Aufent- halt dort vorbereitet werden. Während des Klinik- Aufenthaltes ist es möglich, Terminverschiebungen sofort einzusehen, Updates abzurufen und sogar den Kaffeebesuch der Familie vorab einzuplanen. Sind die Patient*innen wieder entlassen, können er- weiterte ambulante Therapiepläne erstellt werden. Die REHA.Patienten-App von T-Systems wird von der Pensionsversicherungsanstalt (PVA) noch im März 2021 in Betrieb genommen, um die ambulan- te Betreuung der Patient*innen zu verbessern. Hier nimmt die PVA, laut Werner, eine Vorreiterrolle in der Digitalisierung im Gesundheitsbereich in Ös- terreich ein. Wie bei ambulanter Reha-Therapie im Allgemeinen treten in der Praxis oft Probleme auf, denn wie gut sich Patient*innen zu Hause weiter er- holen, hängt oft stark vom persönlichen Umkreis ab. Das kann durch konkrete Fitnesspläne und Erinne- rungen durch die App etwas aufgebrochen werden. Genau hier setzt die Idee der Smartwatch wieder an. Indem Patient*innen selbst mithilfe der App erstell- te Reha-Übungen machen und dabei in Zukunft ihre Vitalfunktionen über die Uhr überwachen können, würde das behandelnde Team einen viel besseren Einblick in die Nachsorgebedürfnisse bekommen – und Patient*innen würden sich im besten Fall schneller erholen. Kontaktlos gesund? Laut Martin Werner ist das erst der Anfang. „Wir gehen mit unseren Apps gerade die ersten Schritte. Mit Devices wie den Uhren kann Smart Health in Zukunft definitiv noch mehr ausgebaut werden.“ Mit den neuen Generationen von Smartwatches wer- den ganz neue Welten eröffnet: Beispielsweise Blut- sauerstoffmessung, Herzinfarktrisiko und Schlafap- noe können mit einigen Devices bereits gemessen werden. Dementsprechend visionär fallen die Zu- Thomas Weran-Rieger Area Sales Manager bei Suunto N E R E I T N E I R O | 0 1 keiten auf, kontaktlos gesund zu blei- ben. In Zeiten einer globalen Pandemie ein sehr spannender Ansatz. In München werden beispielsweise bereits die Vitalfunktionen von Men- schen, die sich mit SARS-CoV-2 an- gesteckt haben, mittels Smartwatch überwacht, um überflüssige Kranken- hausbesuche zu vermeiden. Laut Mar- tin Werner wäre so ein Versuch auch in Österreich möglich: „Wir haben tech- nologisch gesehen alles, was wir brau- chen. Wir müssen nur noch politisch zueinander finden.“ Die Durchführung solcher Projekte stelle jedoch eine mo- ralische Gratwanderung dar. Vor allem ältere Menschen, die im Gesundheits- wesen eine zentrale Rolle spielen, sind oft technisch nicht sehr versiert. Zwi- schen allen Devices und ihren Ver- knüpfungen braucht es hier ein ein- faches Betriebssystem, das genau die Funktionen schablonenhaft erfüllt, die erforderlich sind. Personal Coach am Handgelenk Doch nicht nur zum Tracken des aktuellen Gesundheitssta- tus, sondern auch als Ansporn, um sich fit zu halten, werden Smartwatches immer gefragter. Verantwortlich für ihren Boom ist nicht zuletzt ein Lifestyle, der auf Instagram und Co. von Influencer*innen vorgelebt und verkauft wird. Die Devices, die dort gepusht werden, umfassen ein ganzes Spektrum an Möglichkeiten, ob für die tägliche Yoga-Übung oder für alpinen Leistungssport. Entsprechende Anbieter schießen nur so aus dem Boden. „Die vielen Mitbewerber*innen machen es trotz steigendem Trend schwer, mithalten zu können und relevant zu bleiben“, sagt Thomas Weran-Rieger, der seit 2017 die Sport- uhrenmarke „Suunto“ in Österreich repräsentiert. Um sich am Markt zu behaupten, bleibt das finnische Unter- nehmen deshalb seiner Linie treu: Robuste, akkustarke Geräte, die im Leistungssport sowie in extremen Bedingungen – bei- spielsweise im alpinen Raum – bestehen können. So hat man die Hände frei und kommt vom Bergsteigen nicht mit kaputtem Handydisplay nach Hause. Die Uhr kann unter anderem beim Sport automatisch digitale Brotkrumen ausstreuen, damit bei einem Wetterumschlag nicht die Gefahr droht, sich zu verlau- fen. Trainingsergebnisse können auf das Handy übertragen, mit unzähligen Apps verknüpft oder mit denen anderer User*innen ver- glichen werden. „Wie offen man mit seinen Daten umgehen will, muss jede*r für sich entscheiden“, so We- ran-Rieger. Während einige bereits mit ihrer Uhr via Smart Payment an der Kasse bezahlen, äußern andere Datenschutzbedenken. „Viele spornt der Vergleich von Daten zu mehr Leistung an, um zum Beispiel eine Bestzeit zu knacken. Andere lehnen die Digitalisierung im Sport ab – die müssen halt ihre Trainingserfolge auf Zetteln mitschreiben wie in den 90ern.“ Gebt her eure Daten! Datenschutzbedenken werden im Zusammenhang mit Smartwatches immer wieder geäußert – zu Recht, wie Martin Werner findet. „Solche Überlegungen sind aus meiner Sicht immer angebracht. Ich will auch nicht, dass meine privaten Patienten- daten bei einem Großkonzern auf ir- gendeinem Server liegen.“ Um zu ver- hindern, dass private Daten bei Dritten landen, sollte deshalb genau recherchiert werden, welche Geräte wieso um wel- chen Preis angeboten werden. Firmen, die Rabatte auf Smart Devices oder Gratisapplikationen anbieten, müssen sich auf anderem Wege finanzieren. „Zahle ich nicht für das De- vice, zahle ich mit meinen Daten“, so Werner. Ein ähnlicher Gedanke, jedoch völlig anderer Zugang: In Deutschland be- zuschusst die Krankenkasse den Erwerb einer Smartwatch. Auch so manche Versicherungsanbieter haben ähnliche An- gebote. „Die spielen relativ offen“, meint Martin Werner. Hier sieht er einen Mehrwert des Datensammelns: Nämlich den Ansporn für die Gesamtgesellschaft, gesünder zu werden. In Zukunft könnten beispielsweise günstigere Versicherungs- prämien bei regelmäßigem Training oder gesundem Lifestyle angeboten werden. Die entsprechenden Daten könnten von der Smartwatch gespeichert und der Versicherung zugespielt werden. Wie aber kann in so einem Szenario verhindert werden, dass Kund*innen komplett zu gläsernen Menschen werden? „Versicherungen dürften dann nicht einfach Leute ausschließen, nur weil sie ihnen verschweigen, dass sie zum Beispiel rauchen“, meint Werner. So ein Austausch der Daten kann immer nur auf einer freiwilligen Basis funktionieren. 1 1